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Professor Dieter Oelschlägel gibt Rückzug aus Agenda-Rat Dinslaken bekannt

„Ich gehe, wenn für mich etwas abgeschlossen ist!“

Agenda-Beauftragte Rodemann verabschiedet Professor Oelschlaegel Nach fast zwanzig Jahren zieht sich Professor Dieter Oelschlägel, einst für die Partei Bündnis 90 / Die Grünen in den Agenda-Rat eingezogen, aus der aktiven Arbeit in der Lokalen Agenda 21 Dinslaken zurück.

Ein Interview

Rodemann: Herr Oelschlägel, was hat Sie nach so langer Zeit bei uns in der Agenda zu dieser Entscheidung bewogen?

Oelschlägel: Aus alters- und gesundheitlichen Gründen habe ich entschlossen, mich aus verschiedenen Ämtern zurückzuziehen. Ich habe viele Interessen und arbeite nach wie vor wissenschaftlich. Ich gehe, wenn für mich etwas rund ist. Und Agenda ist für mich rund – eben abgeschlossen. Das können jetzt Andere fortführen.

Rodemann: Was erinnern Sie vor allem über die Anfänge der Lokalen Agenda 21 Dinslaken?

Oeschlägel (überlegt): Am Anfang spielten vor allem Karl-Heinz Tackenberg aus der evangelischen Kirche und meine Frau Marianne Lauhof eine entscheidende Rolle. Die ersten Treffen fanden in Bruch in den Gemeinderäumen statt. Irgendwann kamen Vertreter aus der Verwaltung dazu und auch meine Frau hat mich irgendwie in den Prozess einbezogen. Ich fand das alles sehr spannend. Die Verwaltung für diese neue Idee zu begeistern war anfangs schwer. Aber wie immer hängen solche Entwicklungen von einzelnen Personen ab. Die waren da, wie beispielsweise Karl-Heinz Rudorf aus dem Bau- und Planungsbereich. Wir haben damals die Aufbruchstimmung in der Gesellschaft mitnehmen können. Jetzt hat sich Agenda etabliert. Die Arbeit ist eine andere geworden und erfordert auch was anderes als in den Anfängen.

Rodemann: Wie haben Sie Ihre Rolle in der Lokalen Agenda 21 verstanden?

Oelschlägel: Für mich war es immer wichtig, meine, sagen wir „Transmitterfunktion“ wahrzunehmen. Netzwerken macht nur dann Sinn, wenn die, die zusammensitzen, ihr Wissen auch teilen. Ich habe nach jeder Sitzung des Agenda-Rates in meiner Fraktion davon berichtet. Jeder konnte jederzeit nachvollziehen, was sich in der Agenda tat, damit auch die Politik hinter diesem Prozess stehen konnte und argumentationsfest war. Im Familienbündnis habe ich dann von meiner politischen Arbeit berichtet – also genau andersrum für den Informationsfluss gesorgt. Das war aus meinem Verständnis die wesentliche Aufgabe von mir als Multiplikator.

Rodemann: Wie hat sich die Agenda-Arbeit über die Jahre verändert?

Oelschlägel: Wir haben in den letzten Jahren sehr viel zusammenführen können. Die Grundlagen der Agenda 21 in Dinslaken sind exzellent. Der Zahn der Zeit nagt dennoch an der Agenda und es wird Zeit, dass die „alten Hasen“ entlastet werden, neue Gesichter die Agenda mit Leben füllen. Das Engagement hat sich verändert. Heute wollen viele Menschen nicht mehr dauerhaft an Funktionen gebunden sein. Sie scheuen das Gefühl, ihrer Verpflichtung nicht mehr entkommen zu können. Sie wollen kurzfristig in schönen Projekten mitarbeiten, aber nicht über Jahre und Jahrzehnte. Das ist heute eine Anforderung an alle Beteiligte und auch an Sie Frau Rodemann, die das alles im Rathaus zusammenhält. Da hat sich auch der Zeitgeist verändert.
Die Verwaltung ist mittlerweile für Agenda und Nachhaltige Entwicklung viel aufgeschlossener. Das ist sehr positiv. Auch der ganze Bereich der Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist stark gewachsen. Da ist viel passiert und hat eine enorme Tragkraft für die Zukunft.

Rodemann: Apropos Zukunft. Was wünschen Sie sich denn für die Zukunft der Lokalen Agenda 21 Dinslaken?

Oelschlägel: Die Bildungsarbeit in all ihren Facetten ist wichtig. Zusätzlich würde ich mir wünschen, dass Gruppen sich mehr an den Agenda-Rat binden. Er ist mit weitreichenden Rechten ausgestattet wie in kaum einer Stadt. Das wertzuschätzen und zu bewahren wäre wichtig.
Den Gruppen wünsche ich, dass sie konkrete Aufgaben und interessante Projekte für sich finden. Das kann nur aus den Gruppen selber entstehen. Nur so können sie dauerhaft immer wieder neue Menschen für sich gewinnen. Das ist mühsam und anstrengend. Aber wer hat gesagt, dass Agenda einfach ist? Agenda ist vor allem ein bürgerschaftlich getragener Prozess und ein gelungenes Instrument für mehr Demokratie in Dinslaken. Politik sollte hier übrigens nur begleitend tätig sein.

Rodemann: Vielen Dank für die langjährige Mitarbeit, Ihre klugen Hinweise auch an mich als Agenda-Beauftragte und heute für das interessante Gespräch, Herr Oelschlägel.

Oelschlägel: Na, und ich danke Ihnen – vor allem für Ihre Arbeit und die Leckereien hier in diesem Korb (und lacht).

Das Interview führte Lucie-Maria Rodemann, Agenda-Beauftragte der Stadt Dinslaken.

Zum Hintergrund

Bereits 1998 fanden erste Treffen zur Einrichtung einer Lokalen Agenda 21 statt. Der Rat der Stadt beschloss formell die Zusammensetzung eines zentralen Gremiums, dem Agenda-Rat. Gruppen, die sich im Rahmen der Lokalen Agenda 21 Dinslaken mit Themen über nachhaltige Entwicklung beschäftigen, können ihre Interessen durch eine Sprecherin oder einen Sprecher vertreten lassen. Neben diesen Sprecher*innen beteiligen sich sogenannte Themenvertreter*innen, derzeit aus den Bereichen Jugend- und Kinderparlament, Kirchliche Werke und Gewerke und Gleichstellung. Fünf im Rat vertretene Fraktionen entsenden jeweils ein Parteimitglied mit dem Zweck, die Politik über alle Aktivitäten zu informieren. Mit den Jahren räumte der Stadtrat diesem Agenda-Rat weitreichende Rechte ein, wie beispielsweise das Antragsrecht an den Bürgermeister. Schriftliche Anfragen müssen innerhalb von drei Monaten an entsprechende städtische Stellen oder an die zuständigen Ausschüsse weitergeleitet und bearbeiten werden. Damit erhalten Bürgerinnen und Bürger ein wirksames basisdemokratisches Mittel an die Hand und können sich überparteilich im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung durchgreifend beteiligen. Im Rathaus wurde bereits im Jahr 2000 eine Personalstelle geschaffen, die der Agenda-Beauftragte im Agenda-Büro. Über Jahre hinweg arbeiten verschiedene Gruppen, Initiativen und Bildungseinrichtungen gemeinsam an der Idee, Dinslaken nachhaltig zu gestalten und Wissen darüber auszutauschen.

Herr Professor Oelschlägel war bis Juli 2017 Mitglied im Agenda-Rat, zuletzt als Ehrenmitglied und engagiert im Familienbündnis Dinslaken.

Foto: privat